Geheimnisse, die nur Kaffee-Experten kennen - Der Duft von Kaffee gehört genauso zu Weihnachten wie Stollen und Plätzchen; Kaffee spricht die Sinne an: Doch welche Sinne sind es, wie funktioniert die Wahrnehmung, was sind die maßgeblichen Inhaltsstoffe? Der grünliche Rohkaffee mit seinem grasigen Geruch lässt noch keine Spur von Kaffeeduft und Aroma erahnen. Erst der Kaffeeröster erschließt das Aroma-Potential.
Das Geheimnis hinter gutem Kaffee heißt 2-Furfurylthiol
„Schlüsselaromastoffe“ sind solche Verbindungen, die das charakteristische Aroma eines Nahrungsmittels prägen. Für Kaffee ist es das 2-Furfurylthiol-Aroma „röstig“. Es kommen viele weitere Komponenten hinzu, die Kaffeearomen komplex machen. Die Wahrnehmung und Bewertung von Kaffeegetränken umfasst Aussehen, Geruch, Geschmack, Mundgefühl und Nachgeschmack. Allgemein wird der Geschmack von Nahrungsmitteln als Gesamteindruck wahrgenommen, an dem Geschmacksstoffe im engeren Sinn (sauer, süß, bitter, salzig und als fünftes „umami“ für vollmundig) und Geruchsstoffe oder Aromastoffe beteiligt sind.
Das macht den Unterschied beim Kaffee: die Nase und das Gedächtnis
Das olfaktorische Organ des Menschen, die Riechschleimhaut, befindet sich in der oberen Nasenhöhle und enthält 10-25 Millionen Sinnesnervenzellen mit Riechrezeptoren. Geruchsbilder werden mit vorhandenen Gedächtnisinhalten verglichen und ins Gedächtnis gerufen. Das Gedächtnis für Gerüche ist ausgeprägter als das für andere Sinneseindrücke wie Farben und kann zudem trainiert werden. Gerüche hinterlassen keine neutralen Eindrücke, sondern werden immer emotional bewertet. Die emotionale Wirkung eines Geruchs ist stark von persönlichen und kulturellen Faktoren geprägt. Dabei hängt die Bewertung von der Situation ab, in der ein Geruch zum ersten Mal wahrgenommen wurde.
Kaffee-Geruch macht schon wach
Viele Sinneseindrücke, die man als „Geschmack“ bezeichnet, werden gerochen. Der Geruchssinn ist empfindlicher und informativer als der Geschmack. Duft- und Geruchssignale sind eng mit dem limbischen System verschaltet - einem Großhirnareal, das emotionale Inhalte vermittelt. Sie sind daher geeignet für Manipulationen. So kann man Räume beduften, um das Kaufverhalten zu beeinflussen (z.B. Ledergeruch). Aus Japan wurde von Arbeiten berichtet, über Kaffeearoma in der Luft die anregende Wirkung von Kaffee ohne tatsächliches Kaffeetrinken und das Coffein simulieren zu wollen. Zu den physiologischen Wirkungen und der gesundheitlichen Relevanz von Geruchsstoffen empfehlen wir das umfassende Werk „Duft und Geruch“ von Mücke und Lemmen (Ecomed Verlag 2010).
Falsch: Rösten kann jeder
Die Sensorik von Kaffee hängt eng zusammen mit der gesamten Produktionskette: Anbau der Pflanze, Ernte der Früchte, Aufbereitung, Trocknung, Lagerung und Transport, Röstvorgang, Zubereitung. Hier setzt der Manufakturgedanke an: die ganze Produktkette im Auge zu haben und in überschaubaren Chargengrößen das jeweils Optimale aus dem wertvollen Ausgangsmaterial herauszuholen. Dabei ist es gerade nicht so, wie es in einer Internet-Datenbank heißt: „Rösten kann jeder“. Gefragt ist vielmehr das Geschick des erfahrenen Rösters, Intuition und Reaktionsschnelligkeit.
Zu hohe Temperaturen führen zu verbrannten Bohnen
Das Rösten führt zu Struktur- und Farbveränderung, Volumenzunahme und dem begehrten Röstgeruch und -geschmack. Ursprüngliche Verbindungen nehmen ab (z. B. Säuren), neue entstehen. Der Röstvorgang zeigt sich ab 100 °C durch Bräunung, bei 150° C „wächst“ die Bohne, ab 180° C entsteht Kaffeearoma und bei höheren Temperaturen kommt es zu Karamellbildung. Man unterscheidet die Röstgrade hell, mittel, stark, doppelt und sog. italienische Röstung (Espresso-Röstung). Bei uns wird schonend zwischen 180- 200° C geröstet.
40 aromabildende Verbindungen lassen uns genießen
In Röstkaffee sind etwa 850 flüchtige Verbindungen enthalten, vor allem 40 davon sind aromabildend. Fasst man die Aromastoffe des Röstkaffees in ihrem Profil zusammen, so kann man sie den Noten „süß/karamellartig“, „erdig“, „schweflig/röstig“, „rauchig/phenolisch“ „fruchtig“ und „würzig“ zuordnen. In der Gruppe „schweflig/röstig“ findet sich das erwähnte 2-Furfurylthiol als für Röstkaffee bedeutsam. Bei Robustas treten im Aromaprofil die erdigen und rauchig/phenolischen Noten hervor, bei Arabicas die süß/karamellartigen. Die Verursacher von herstellungsbedingten Aromafehlern sind identifiziert, wie von „muffig“, „medizinisch“ oder „silageartig“. Auf die Bildung von Acrylamid und Furan wird in einem eigenen Infoblatt eingegangen.
Offene Lagerung zerstört das Aroma
Zur praktischen Seite: Kaffee ist ein Frischeprodukt, das Aroma leidet schnell. Je nach ihrem Dampfdruck entweichen die Einzelkomponenten, sodass das Gesamtaroma nicht nur abnimmt, sondern sich verändert und die Aromabalance zerstört wird (Belitz, Grosch, Schieberle 2001). Bei offen gelagertem Kaffee wirken sich die Verluste stärker aus, wegen der großen Oberfläche erst recht bei gemahlenem. Wahrlich Geschmackssache ist die Wahl des Verfahrens zur Herstellung des Kaffeegetränks. In den verschiedenen Kulturkreisen sind unterschiedlichste Verfahren gebräuchlich, die große Unterschiede in Duft und Aroma bedingen. Bei uns herrschen Filtrationsverfahren vor.
Kochendes Wasser macht den Kaffee bitter
Duft und Aroma bestimmen entscheidend den Genusswert des Kaffeegetränks. Für die optimale Ausschöpfung des Aromapotentials bietet der Manufaktur-Ansatz beste Voraussetzungen. Zuhause gilt es, Duft und Aroma schonend zu erhalten. Beim Filtrationsverfahren sollte die Wassertemperatur 85° – 90° C betragen; kochendes Wasser löst vermehrt Bitterstoffe, auch zu langsames Durchlaufen. Zu schnelles Durchlaufen gibt ein zu aromaarmes Getränk. Frischen Kaffee sollte man alsbald verbrauchen, Anbrüche in der Originalverpackung luftdicht bei Raumtemperatur lagern. Das Beste ist: die Bohnen frisch mahlen (kein heiß laufendes Mahlwerk verwenden), innerhalb von 1-2 Wochen verbrauchen.
Eine besondere Empfehlung der Kaffeerösterei Martermühle ist der Kaffee aus Panama. Eine Rarität, die über ein weiches, feines Aroma verfügt: "Panama"
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Wissenschaftliche Beratung: Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Dr.med.habil. Wolfgang Mücke